„Alte Heimat – neue Heimat“ heißt die CD. Spätaussiedler, Deutsche aus Russland, berichten in dem Hörbuch von ihren schweren Wegen in die neue Heimat, von ihren schweren Wegen zu uns.
„1949 wurden wir von Russen nach Sibirien verschleppt. Verbrecher waren dort, politische Häftlinge – und eben auch wir Deutsche“, erzählt Irena Heidelin aus Amelinghausen. Und in ihrer Stimme schwingt ihre ganze Lebenserfahrung, Weisheit, ihr Galgenhumor mit. Sie ist eine von knapp einem Dutzend Zeitzeugen, die in dem Hörbuch zu Wort kommen. Der Journalist und Therapeut Klaus Dierken hat aus vielen Stunden Rohaufnahmen 90 Minuten zusammengestellt. „Wir haben uns in einer Arbeitsgruppe wöchentlich getroffen, mit Zeitzeugen gesprochen und gemeinsam Interviews geführt“, sagt Dierken, der eine Praxis für Psychotherapie in Amelinghausen betreibt. „Dabei haben wir buchstäblich zusammen gelacht und geweint“, so Dierken, „diese Offenheit war möglich, weil sich in dem Projekt nicht nur Menschen begegnet sind, die Erfahrungen aus dem Leben der deutschen Minderheit in Russland, Kasachstan und Sibirien teilen, sondern auch solche dabei waren, die einfach Interesse an den Nachbarn haben, die als Aussiedler gekommen sind.“
Die Zeitzeugen berichten zu unterschiedlichen Themen. Da wird der sibirische Winter in verschneiten Hütten, bei Minus 30 Grad, unter einem Dach mit dem Vieh, beschrieben, da geht es um den schweren Abschied einer jungen Frau, die nie daran dachte, nach Deutschland zu wollen und doch mit ihren Eltern gehen musste. Das traditionelle russische Badehaus für das ganze Dorf, die „Banja“, wird sehr anschaulich vorgestellt, eine alte Dame erzählt ihre schier unfassbare Geschichte: Als kleines Mädchen kam sie kurz vor Kriegsende nach Kolkhagen bei Melbeck. Sie erlebte die Befreiung durch die britische Armee und wurde - obwohl sie Deutsche war - im Herbst 1945 unter den Augen der Alliierten von sowjetischen Militärs abgeholt. Sie lebte Jahrzehnte als Bauarbeiterin in Sibirien, bis sie vor wenigen Jahren zurückkehrte. Ein Mann berichtet vom Leid seines Vaters in der Zwangsarbeit. Und „von seinem Traum eines Tages nach Deutschland gehen zu dürfen“. Es geht auch um den Neuanfang bei uns, in Amelinghausen – um Schwierigkeiten aber auch um erlebte Nachbarschaftshilfe und Gastfreundschaft für die Neuankömmlinge, für Deutsche und ihre Angehörigen, deren Art zu sprechen vielfach bis heute daran erinnert, dass sie einen Teil ihres Lebens in einem Land verbrachten, in dem es lange verboten war, Deutsch zu sprechen. „In Russland beschimpfte man uns als Deutsche – hier werden wir oft Russen genannt. Jetzt hoffe ich, dass diese CD hilft, unsere Geschichte besser zu verstehen“, sagte einer der Teilnehmer als das Hörbuch Ende vergangenen Jahres vorgestellt wurde.
Das Hörbuch kann zum Selbstkostenpreis von fünf Euro im Ameling-Haus bestellt werden. Wer es dort nicht selbst abholen kann, sendet bitte einen ausreichend großen, frankierten und an sich selbst adressierten Rückumschlag an:
Ameling-Haus, Gärtnerweg 2, 21385 Amelinghausen (Tel. 04132/9334834)
In dem Hörbuch berichten Menschen, die ihre Heimat durch Krieg, Verfolgung, Vertreibung, Flucht und Unrecht verloren haben. Zwölf Zeitzeugen sprechen über ihre persönlichen Erinnerungen, Entbehrungen, Erlebnisse und Erfahrungen. Berichtet wird aber auch über Ankommen und Leben in einer neuen Heimat. Zu hören sind Zeitzeugen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch aus DDR-Zeiten wird ebenso gesprochen, wie über die Flucht aus dem Sudan, mit dem Boot über das Mittelmeer nach Italien und dann zu uns. „Der Bogen wird also thematisch von 1945 bis hin zu jenen Menschen gespannt, die erst in letzter Zeit auf der Suche nach einer neuen Heimat zu uns gekommen sind“, erklärte Projektleiter Klaus Dierken.